Erneuerbare Nahwärme in der Stadt als Chance für die Wärmewende

Bremen, April 2025

Zukunft der Wärmeversorgung: Das Forschungsprojekt „Urbane Anergienetze als Instrument der Wärmewende in Bremen“ untersucht, wie erneuerbare Nahwärme auch in bestehenden Stadtvierteln genutzt werden kann.

Die Transformation der Wärmeversorgung ist ein zentraler Baustein der Energiewende. Besonders in urbanen Gebieten spielen erneuerbare Nahwärmenetze eine wichtige Rolle, um fossile Energieträger zu ersetzen und die CO2-Emissionen zu senken. Das Forschungsprojekt „Urbane Anergienetze als Instrument der Wärmewende in Bremen“ untersucht, wie eine nachhaltige Wärmeversorgung in bestehenden Stadtquartieren umgesetzt werden kann.

Vorstellung des Forschungsprojekts

Am 15. März 2025 stellte Christian Rinner, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Bremen, dieses Projekt im Rahmen der Vortragsreihe „Wissen um 11“ vor. Durchgeführt wird das Vorhaben von der Hochschule Bremen in Kooperation mit der Klimaschutzagentur energiekonsens und gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).

Das Projekt läuft von Juni 2024 bis Mai 2026 und verfolgt folgende Ziele:

  • Untersuchung und Verbesserung der Rahmenbedingungen: Voraussetzungen für die Implementierung von Anergienetzen in urbanen Gebieten analysieren und optimieren.
  • Unterstützung bürgerschaftlicher Initiativen: Beteiligung und Akzeptanz durch lokale Initiativen stärken.
  • Analyse der Übertragbarkeit: Prüfung, inwieweit der Ansatz auf weitere Stadtquartiere ausgeweitet werden kann.

Ein wichtiger Bestandteil ist die Nutzung von Erdwärme durch gemeinschaftliche Bohrungen im öffentlichen Raum. Dieses Konzept, das bislang vor allem in Neubaugebieten Anwendung fand, soll nun auch für Bestandsquartiere weiterentwickelt werden.

Wärmeversorgung in Bremen

Ist-Zustand der Wärmeversorgung im Land Bremen und der Ziel-Zustand im Jahr der Klimaneutralität 2038 (Energiekonsens, 2024)

Fernwärme

Fernwärmenetze transportieren Wärme mit Temperaturen von 90°C bis 130°C und sind besonders für Großabnehmer ausgelegt. Die Erzeugung erfolgt zentral, oft durch Müllverbrennungsanlagen (MHKW), Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) oder Heizwerke zur Spitzenlastabdeckung.

Herausforderungen der Fernwärme

Hohe Investitionskosten durch Netzausbau und neue Technologien wie Großwärmepumpen.
Netzverluste durch hohe Vorlauftemperaturen.
Gesetzliche Hürden wie § 556c BGB, die den Anschluss an Fernwärme erschweren.
Monopolstellung erfordert starken Verbraucherschutz

Gebäudebestand und Sanierung

Viele Bestandsgebäude in Bremen entsprechen noch nicht modernen energetischen Standards. Eine bessere Sanierung würde mehrere Vorteile bringen.

Vorteile der Sanierung

Heizkosten deutlich senken.
Effizientes Heizen mit erneuerbaren Energien ermöglichen.
Ressourcenverbrauch nachhaltiger gestalten.

Aktueller Ausbaustatus in Bremen

Der Wärmenetzausbau erfolgt differenziert nach Stadtgebieten:

  • Im dicht bebauten Stadtkern (West, Mitte, Ost) wird die Fernwärme verdichtet.
  • Energieträger: Abfallverbrennung, industrielle Abwärme, Großwärmepumpen, Großsolarthermie, Heizwerke.
  • In den Randgebieten entstehen dezentrale Quartierswärmenetze.
  • Ein Beispiel ist das Wärmenetz Bremen-Süd, das Großwärmepumpen nutzen soll (Kläranlage Seehausen & Flusswasser Weser).
Gebietseinteilung nach Art der Wärmeversorgung (HIC Hamburg Institut Consulting GmbH and A.I.B. GmbH, 2021: Gutachten zur Analyse der zukünftigen CO2-neutralen Wärmeversorgungsoptionen und politisch-rechtlicher Handlungsoptionen im Land Bremen, Bremische Bürgerschaft, 2021)

Das Prinzip eines Anergienetzes / Kaltnetz

Anergienetze funktionieren durch eine zentrale Erschließung von Umweltwärme und dezentrale Wärmepumpen in den Gebäuden. Diese Netzstruktur arbeitet mit niedrigen Temperaturen von 0°C bis 20°C, wodurch Verluste minimiert und zusätzliche Vorteile wie Sommerkühlung ermöglicht werden.

Technische Merkmale eines Anergienetzes

Niedertemperatur-Wärmequellen: Erdwärmesonden, Solar, Abwärme.
Netzmaterial: PE-Rohrsystem.
Dezentrale Wärmepumpen sorgen für bedarfsgerechte Wärmeerzeugung.
Passives Netz mit hoher Effizienz.

Anergieförderung und Pilotprojekt in Bremen

Um die Umsetzung zu erleichtern, wurde im August 2024 die Richtlinie zur Förderung vorbereitender Untersuchungen für Anergienetze nach § 11 BremKEG eingeführt.

Screenshot Transparenzportal Bremen

Ein erstes Pilotprojekt wird von der Energiegenossenschaft ErdwärmeDich in der Humboldtstraße geplant.

Pilotprojekt Humboldtstraße

25 Anschlussteilnehmer inkl. Kindergarten und Gemeindezentrum.
23 Erdsonden, jeweils 300 m tief.
Nahwärmenetz mit 530 m Länge und 15°C mittlerer Sole-Temperatur.

Das Pilotprojekt soll zeigen, wie ein kaltes Nahwärmenetz effizient in einem Bestandsquartier realisiert werden kann. Durch bürgerschaftliche Beteiligung und gezielte Förderung könnte dieses Modell eine Blaupause für weitere nachhaltige Wärmelösungen in Bremen werden.

Weitere Informationen sind auf der Projektseite bei der Hochschule Bremen zu finden.

Zum weiterlesen: Die Maßnahme S-HB-EA-004 „Kommunale Wärmeplanung Stadt Bremen“ aus dem Klimaaktionsplan des Landes Bremen.


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