Dunkelflaute – na und?

Deutschland, Dezember 2024

Anfang Dezember 2024 gab es in Deutschland eine sogenannte Dunkelflaute. Das heißt, es wurde vergleichsweise wenig Energie aus Windkraft und Photovoltaik erzeugt, da es kaum Wind gab und wegen der kurzen Tage und grauem Himmel die Sonne nur wenig Solarstrom erzeugen konnte. Und die Strompreise sprangen plötzlich in die Höhe.

Das Phänomen ist bekannt, es ist schon öfter vorgekommen und wird auch weiterhin passieren. Ich selbst habe davon nichts gemerkt. Weder ist bei mir der Strom ausgefallen noch muss ich jetzt mehr dafür bezahlen. Und so dürfte es den meisten anderen auch gegangen sein.

Trotzdem wurde in den Medien mal wieder groß darüber berichtet. Die Dunkelflaute wird von Klimaschutzgegnern gern als Argument gegen die Energiewende verwendet. Angeblich sei die Gefahr groß, dass es zu größeren Stromausfällen kommt oder das Stromnetz in Deutschland gar zusammenbricht. Daher könne nicht auf die fossile Stromerzeugung durch Kohle, Erdgas oder Öl oder auf Atomkraftwerke verzichtet werden.

Was ist dran? Zunächst ist festzustellen, dass es zwischen dem 11. und 14. Dezember einen auffallenden Einbruch bei der Windkraft gegeben hat. Und Solarstrom steht im Winter sowie relativ wenig zur Verfügung. Die dadurch hervorgerufenen Veränderungen bei der Stromversorgung lassen sich aus dem folgenden Diagramm ablesen. Die Bundesnetzagentur stellt auf der Seite smard.de regelmäßig aktuelle Zahlen zu Stromerzeugung und –verbrauch in Deutschland zur Verfügung. Das Diagramm ist dort interaktiv, so dass man z. B. stündliche Änderungen oder bestimmte Zeit- oder örtliche Zonen auswählen kann.

Bundesnetzagentur: SMARD, Grafiken zu Stromerzeugung; 09.-16.12.2024

Bundesnetzagentur: SMARD, Grafiken zu Stromerzeugung; 09.-16.12.2024

Die Windkraft an Land (Onshore) wird hier dunkelblau, die auf See (Offshore) hellblau dargestellt. Man kann deutlich sehen, dass vom 11. bis 14. Dezember nur ein Bruchteil der Windkraft aus den vorangegangenen und nachfolgenden Tagen erzeugt wurde. Einige Stromanbieter haben dafür Gaskraftwerke (grau) angeworfen und somit einen Teil ausgeglichen. Der Anteil von Braun– und Steinkohlekraftwerken wurde dagegen nicht erhöht, und das obwohl noch Kapazitäten in Kohlekraftwerken zur Verfügung gestanden hätten. Das kann zum einen daran liegen, dass es keinen Sinn macht, Kohlekraftwerke für drei Tage hochzufahren, da diese erst nach einigen Tagen betriebsbereit sind. Deshalb ist es zweitens billiger, Strom aus dem Ausland zu importieren – was dann auch gemacht wurde. Und drittens ist der Strompreis an den Strombörsen zweitweise auf das Zehnfache des Normalpreises angewachsen – und das führt natürlich zu höheren Gewinnen bei den Stromanbietern.

Der Import von Strom aus dem Ausland wird auch häufig als Argument benutzt, dass die Stromproduktion mit den Erneuerbaren in Deutschland nicht ausreiche und wir daher auf fossilen Strom aus anderen Ländern angewiesen seien. Dabei sollte man mal überlegen, woher bei uns Kohle, Gas und Öl kommen.

Der Ausstieg aus den fossilen Energien ist in Deutschland und der EU beschlossenen Sache. Es hilft also nichts, den Fossilen hinterher zu trauern. Immerhin machen seit 2023 die Erneuerbaren jetzt schon 50-60% der Stromerzeugung aus, Tendenz steigend. Man sollte vielmehr die Energiewende vorantreiben. Die Lösungsmöglichkeiten dafür sind vorhanden, z. B. beschleunigter Ausbau der Hochspannungsnetze, um den schnelleren Transport vom Erzeuger (z. B. Windkraft in Norddeutschland) zum Verbraucher (im windarmen Süddeutschland) zu beschleunigen. Oder den Ausbau von Batterie- oder Wasserstoffspeichern, um den überschüssigen Strom an windreichen Sonnentagen für die Dunkelflauten zu speichern. Welche Kapazitäten hier demnächst zur Verfügung stehen könnten, hat Christian Stöcker in seinem Spiegel-Artikel „Ein Batterie-Tsunami rollt heran“ beschrieben.

Übrigens: Dass auch das Gegenteil einer Dunkelflaute auftreten kann, nämlich Überlastung der Stromnetze durch zu viel (Solar-)Strom, ist ebenfalls bekannt. In dem Podcast Ungeregelte Solarleistung berichtet Prof. Hirth über Möglichkeiten, die Überkapazitäten zu regeln. Auch hier spielt die Beschleunigung des Netz- und Speicherausbaus eine große Rolle.

Update 15.02.2025

Über die Dunkelflaute und die Hintergründe für die Preissprünge im Dezember 2024 wird auch in einem Beitrag der ARD-Sendung plusminus berichtet.

plusminus vom 22.01.2025: Verdacht auf Marktmanipulation – Warum Gas- und Kohlekraftwerke in der Dunkelflaute keinen Strom lieferten

Die Bundesnetzagentur hat mittlerweile bestätigt, dass es sich bei den exorbitanten Preissprüngen nicht um Marktmanipulation handelt. Vielmehr hat es sich für viele Kraftwerkbetreiber nicht gelohnt, die Kohle- und Gaskraftwerke anzuwerfen. Der Strom im Ausland war einfach billiger. „Grund für die Importe ist also nicht zu wenig selber erzeugter Strom, sondern eine simple Rechnung. Manchmal ist es günstiger, Strom woanders einzukaufen als ihn selber zu produzieren. Das System ist für alle effizient und zuverlässig.“ Und: „Trotz der Wetterverhältnisse in diesem ersten Monat des Jahres 2025 kam es nicht annähernd zu Engpässen bei der Versorgung. Importe gab es nur dann, wenn der Strom im Ausland günstiger war.“

Es lohnt sich, den Beitrag der Netzagentur vollständig zu lesen, da dort der Mechanismus von Kraftwerksreserven und Stromimporten ausführlicher erklärt wird.


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